Pressemitteilungen Nord-Süd Stadtbahn Köln

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26.10.2005 Wiederaufrichtung St. Johann Baptist am Mittwoch, 26. Oktober 2005

In der Nacht zum 29. September 2004 geriet der Turm der katholischen Kirche von St. Johann Baptist in der Severinstraße in Schieflage. Durch eine Neigung nach Westen entstand eine Abweichung der Kirchturmspitze zu ihrer Ausgangsposition von rund 75 Zentimetern.

An der Westseite zur Severinstraße hin sackte der Turm um 16-17 Zentimeter ab, im Osten um rund 3 Zentimeter.

Auslöser für das Ereignis waren Arbeiten an einem Versorgungstunnel (Düker) für Strom-, Gas-, Wasser- und Fernwärmeversorgungsleitungen. Dieser wurde im Vorfeld der Bauarbeiten zur Nord-Süd Stadtbahn Köln unter dem Kirchturm hergestellt, um im späteren Trassenverlauf der neuen U-Bahn Baufreiheit zu erzielen. Ursache für das Absacken des etwa 40 Meter hohen Backsteinturms waren Bodenauflockerungen im Bereich oberhalb der Tunnelbohrmaschine. Im Verlauf der Untersuchungen wurde festgestellt, dass die am Bau beteiligten Firmen und Institutionen keinerlei Verschulden traf. Vielmehr handelte es sich um ein Zusammenkommen mehrerer ungünstiger Faktoren, die nicht vorausgesehen werden konnten.

Folgerichtig wurden die Kosten für die von der Kirchengemeinde gewünschte Wiederaufrichtung des Turms von Lloyds London, der Versicherung der KVB als Bauherrin für das Projekt Nord-Süd Stadtbahn Köln, in Höhe von rund 1 Million Euro getragen.

Ein von der Staatsanwaltschaft in solchen Fällen routinemäßig eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Baugefährdung wurde eingestellt.

Direkt nach der Schiefstellung war angenommen worden, dass Hohlräume im Boden für das Kippen des Turms verantwortlich gewesen seien. Diese Vermutung hat sich nicht bestätigt.

Bodenuntersuchungen und Gutachten von Sachverständigen hatten ergeben, dass der Baugrund völlig intakt und für die geplante Baumaßnahme geeignet war.

Dennoch wurden vorsorglich zahlreiche Bodensondierungen rund um den Turm durchgeführt und über Injektionsbohrungen insgesamt rund 25 Kubikmeter an Zementsuspension und Zement in den Untergrund eingebracht, um den Boden zu verfestigen.

Zur Sicherung des Turms gegen eine weitere Neigung in Richtung Westen wurde bis Donnerstagmittag, 30. September 2004, an der Westseite ein Gerüst aus sechs Stahlstützen in drei verschiedenen Höhen (9, 16 und 22 Meter) paarweise montiert. Dafür wurden zwei Betonauflagerungen für die Längsträger gefertigt, auf denen die Stützen verschweißt wurden; am oberen Ende wurden die Träger in Auflagertaschen eingearbeitet. Zudem wurden die Träger untereinander verstrebt.

Unmittelbar nach Feststellen der Schiefstellung des Turms wurden aus Sicherheitsgründen die Bewohner der gegenüberliegenden Häuser evakuiert und vorübergehend in einer städtischen Einrichtung untergebracht. Zugleich wurde der Perlengraben von Westen nach Osten für den Verkehr gesperrt. Die Stadtbahnlinien 3 und 4 mussten umgeleitet werden.

Die zur Vorsicht aus drei Häusern evakuierten 65 Personen konnten am Samstag, den 2. Oktober 2004, wieder in ihre Wohnungen zurückkehren. Gleichzeitig wurde die Verkehrsbeschränkung der Severinstraße wieder aufgehoben. Am 3. Oktober um 24.00 Uhr konnten die Stadtbahnlinien 3 und 4 den Betrieb wieder aufnehmen.

Seit der Turm sich geneigt hatte, wurde - bis heute - zudem mit einem sensiblen Schlauchwaagen-Messsystem ständig überprüft, ob der Turm sich bewegt. Dies war jedoch zu keinem Zeitpunkt der Fall.

Statiker bestätigten, dass der Turm auch ohne Stützgerüst fest und solide steht.

Die einzelnen Schritte zur Wiederaufrichtung

Der erste Schritt der Wiederaufrichtung erfolgte bereits im März 2005: Zunächst wurden zwei große Bohrpfähle mit einem Durchmesser von 1,20 Meter direkt neben der zur Severinstraße geneigten Frontseite des Turms eingebracht, die rund 28 Meter tief bis in die quartären Kies-Sand-Schichten reichen.

Ende Mai 2005 erfolgte der zweite wichtige Schritt zur Wiederaufrichtung: Insgesamt 14 Kleinbohrpfähle mit einem Durchmesser von circa 18 Zentimetern wurden im Kircheninneren eingesetzt.

Auf diesen Bohrpfählen wurde in einem dritten Schritt ein Trägerrost aus Stahlbeton aufgelagert, welches durch das Innere des Kirchturms sowie außen um die Front des Kirchturms herum geführt wird.

Auf den zwei Großbohrpfählen wurden nun je zwei Hydraulikpressen installiert, die den Trägerrost am Mittwoch, 26. Oktober 2005, um rund 13 bis 14 Zentimeter an der Westseite des Kirchturms anheben werden. Dadurch wird der Turm wieder in seine senkrechte Position gebracht.

Die vier verwendeten Pressen haben eine Hubkraft von je 300 Tonnen (maximale Gesamtlast 1.200 Tonnen). Das Gewicht des Turms liegt bei circa 1.600 Tonnen; hiervon 800 Tonnen auf der Westseite. Dies ist die maximale Last, die bei dem Aufrichtungsvorgang angehoben werden muss.

Die Anhebung erfolgt in Schritten von 5 bis 10 Millimetern. Anschließend wird eine 15-minütige Kontrolle durchgeführt, bei der aktuelle Messergebnisse ausgewertet werden und überprüft wird, ob der Turm sich gleichmäßig gehoben hat.

Pro Stunde erfolgen auf diese Weise vier Einzelschritte mit einer Anhebung von je 10 Millimetern. Bei einer kontinuierlichen Durchführung der Anhebung müsste die Geradestellung in ungefähr fünf Stunden, sollte es Verzögerungen geben, gegebenenfalls in sechs Stunden, vollendet sein.

Die KVB legt jedoch Wert darauf, dass Sicherheit vor Schnelligkeit geht!

Alle relevanten Fragen und Maßnahmen wurden zwischen Kirchengemeinde, Erzbistum und Kölner Verkehrs-Betriebe AG abgestimmt.



Abgestützter Kirchturm

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