Pressemitteilungen Nord-Süd Stadtbahn Köln
22.02.2021 Gleiswechsel Waidmarkt
Fortsetzung des Bauvorhabens zur Fertigstellung der Nord-Süd Stadtbahn Köln
Aktuelle Vorarbeiten, Planung und durchführung der Sanierung und des Weiterbaus
am Gleiswechsel Waidmarkt
Anfang November vergangenen Jahres konnten die Arbeiten am Gleiswechsel Waidmarkt der Nord-Süd Stadtbahn Köln wieder aufgenommen werden. Wie zum damaligen Zeitpunkt mitgeteilt, sind aus statischen Gründen im Vorwege einer Sanierung und des anschließenden Weiterbaus des Bauwerks umfassende Vorarbeiten durchzuführen.
Um diese Arbeiten realisieren zu können, war es unumgänglich, die Straße zwischen der Abzweigung zum Georgsplatz bis hin zur Parkplatzeinfahrt des Friedrich-Wilhelm-Gymnasiums für die voraussichtliche Dauer der Arbeiten von rund einem Jahr für den Rad- und den motorisierten Verkehr zu sperren. In der genannten Zeit können nur Fußgänger diesen Bereich auf einem 2,50 Meter breiten Fußweg an der Westseite der Baustelle passieren. Gemäß einer Auflage der Bezirksregierung Köln wurde diese mit einer drei Meter hohen Schallschutzmauer versehen, um die Lärmemissionen für Anlieger so weit wie möglich zu reduzieren.
"Es ist gut, dass mit dem zwischen Stadt Köln, KVB und der Arge Los Süd getroffenen Vergleich der Weg frei geworden ist für den Weiterbau des Gleiswechsels am Waidmarkt. Die Fertigstellung des Bauwerks wird im einvernehmlichen Interesse aller Baubeteiligten und unter Berücksichtigung höchster Sicherheitsstandards so zügig und zielstrebig wie irgend möglich umgesetzt", sagt Jörn Schwarze, Vorstand der Kölner Verkehrs-Betriebe AG.
Vorarbeiten für die Sanierung
In einem ersten Schritt wurde die Straßenbrücke, die über den Randbereich der U-Bahn-Baugrube führte und zum Teil auf der Baugrubenumschließung des Bauwerks aufgelagert war, zurückgebaut. Auf dieser sogenannten Schlitzwand, die das Bauwerk vollständig umgibt, muss im Vorwege der Sanierung ein Stahlbetonbalken (Kopfbalken) hergestellt werden. Er dienst der notwendigen Sicherung der Baugrube vor der Ausführung weiterer Arbeiten im inneren des Bauwerks im Zuge der Sanierung.
Um den Kopfbalken herstellen zu können, muss zunächst eine Baugrubensicherung gebaut werden. Hierzu werden in einem Abstand von circa einem Meter parallel zur Schlitzwand rund um die gesamte Baugrube herum mit Hilfe eines Drehbohrgerätes Bohrlöcher mit einem Durchmesser von 60 Zentimetern bis in eine Tiefe von 7,50 Metern in den Boden gebohrt. In diese Löcher werden Stahlträger eingelassen und in ihrem Fußpunkt einbetoniert. Nachdem das Erdreich innerhalb des Bohrlochs aufgefüllt und verfestigt wurde, wird zwischen den Stahlträgern ein Graben ausgeschachtet, um zwischen den Stahlträgern Holzbohlen ein-zubauen. Diese Wand, der Berliner Verbau, stellt eine Sicherungsmaßnahme dar, die benötigt wird, um anschließend die Schlitzwand bis auf circa 2,80 Tiefe freizulegen und abzustemmen. Anschließend wird hierauf der etwa 1,80 Meter hohe Kopfbalken hergestellt.
Der Kopfbalken dient sowohl als neues Hilfsbrückenauflager als auch zur Aussteifung der Baugrube. Ist der Kopfbalken in Gänze fertig, wird ein Gerüst aus Stahlträgern darauf montiert, das die gesamte Baugrube überspannt. Hierauf werden Stahlbetonplatten befestigt, mit denen die Baugrube bis auf die Zugangs- bzw. Andienöffnungen komplett abgedeckelt wird. Alle weiteren Arbeiten finden unter diesem Deckel statt. Die Belastung für die Anwohner kann hierdurch deutlich reduziert werden. Die Straße kann nun wieder für den Rad-, PKW-, LKW- und Busverkehr freigegeben werden und wird über den Bauwerksdeckel geführt.
Parallel zu den beschriebenen Bauabläufen arbeiten bereits Taucher innerhalb des Gleiswechsels. Sie erkunden die Situation im Bauwerk, überprüfen unter anderem die Schlitzwände. Hierfür ist in Teilbereichen die Umlagerung der in das Bauwerk eingedrungenen Massen notwendig.
Es wird damit gerechnet, dass die Vorarbeiten Ende 2021/Anfang 2022 weitgehend abgeschlossen sind und im Anschluss die eigentliche Sanierung beginnen kann. Bisher konnte trotz Hochwasser und Wintereinbruch weitergearbeitet werden, wenngleich durch die Kälte Umplanungen stattfinden mussten; unter anderem konnten Beton und Kies nicht angeliefert und Verfüllungen nicht durchgeführt werden, weil die Materialien gefroren waren. Selbstverständlich kann es - vor allem, wenn im inneren des Bauwerks gearbeitet wird - im Verlauf der weiteren Bauausführung zu Situationen kommen, die zu zeitlichen Verschiebungen im Bauablauf führen. Ist dies der Fall, wird immer versucht werden, das weitere Vorgehen so zu überarbeiteten und zu optimieren, dass Verzögerungen nach Möglichkeit an anderer Stelle kompensiert werden. Die Sanierung des Gleiswechsels schließt unmittelbar an die Vorarbeiten an.
Sanierung des Bauwerks
Im Gleiswechsel befinden sich ein Deckel und eine Zwischendecke, die bereits vor der Havarie fertiggestellt waren, die aber durch die in den vergangenen Jahren durchgeführten Beweiserkundungen in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Auf der untersten Bauwerksebene befinden sich Arbeitsgeräte, Gerüste und anderes mehr, was dort am Unglückstag zurückgelassen werden musste und unter rund 5.000 Kubikmetern eingedrungenem Boden- und Schuttmaterial sowie circa 2.000 Kubikmetern Auflastbeton verschüttet ist. Diese Gegenstände und Materialien müssen aus der Baugrube entfernt werden, was aber nur schwer möglich ist, solange sich der Deckel und die Zwischendecke darüber befinden.
Nach Planung und Prüfung mehrerer Sanierungsvarianten haben sich die Baubeteiligten, Stadt Köln, KVB und Arge Los Süd, für die Sanierung mit Hilfe einer Unterwasserbetonsohle entschieden. Diese Variante bietet die größtmögliche Sicherheit und ist auch zeitlich gesehen vorteilhafter als andere Varianten, die etwa mit Druckluft oder Vereisung herzustellen wären. Das Verfahren einer Unterwasserbetonsohle wird vielfach angewendet, ist hinlänglich erprobt und hat sich an vielen Baustellen - unter anderem auch an der Haltestelle Bonner Wall - bewährt.
Die Baugrube befindet sich ab einem Wasserspiegel von circa -6,30 Metern unter der Geländeoberkante (entspricht +41,50 mNN/ Meter über Normalnull des Meeresspiegels) im Grundwasser. Das bedeutet: Von außerhalb der Baugrube drückt das Erdreich auf die Baugrubenumschließung (Schlitzwände), ebenso das Grundwasser, sofern es im inneren und im äußeren der Baugrube nicht auf gleicher Höhe ist. Von diesen Gegebenheiten hängt letztlich das komplette Vorgehen bei der Sanierung ab. Möchte man im Trockenen bauen, muss das Grundwasser innerhalb der Baugrube abgesenkt werden. Gleichzeitig muss dann aber eine andere Maßnahme ergriffen werden, die die Kräfteverhältnisse ausgleicht. Das ist möglich, indem im inneren der Baugrube Stahlaussteifungen montiert werden, mit denen die Schlitzwände gegeneinander abgestützt werden. Dieses Vorgehen kommt auch dann zum Tragen, wenn man vorhandene Einbauten wie den Deckel oder die Zwischendecke zurückbaut oder Auflasten - etwa den Schutt und Beton auf der Baugrubensohle - aus der Baugrube entfernt.
Unter Berücksichtigung der beschriebenen Grundsätze findet die Sanierung in folgenden, grob skizzierten Schritten statt: Zuerst werden die Tunnelröhren in Höhe der Bauwerkssohle verschlossen, damit kein Schutt dort eindringen kann. Die unterste Ebene des Bauwerks wird bis zur Zwischendecke mit Kies verfüllt, anschließend die mittlere Ebene. Um die Baugrubenwände gegeneinander abzustützen, wird vor Abbruch des vorhandenen Stahlbetondeckels eine erste temporäre Stahlaussteifung eingebaut. Zudem wird eine Wasserhaltung installiert. Sie macht es möglich, das Grundwasser im inneren der Baugrube zu regulieren und zunächst weiter abzusenken. Ab jetzt kann „im Trockenen“ gebaut werden und es können die benötigten Geräte eingesetzt werden, um zum Beispiel mit einem Stemmbagger den Deckel und die Zwischendecke abzubrechen. Von oben nach unten muss die komplette Baugrube ausgeräumt werden. Um dies realisieren zu können, müssen weitere Stahlaussteifungen auf verschiedenen Ebenen eingebaut werden. Dem Aushub folgend werden die freigelegten Schlitzwandfugen mit Blechen verschlossen, damit kein Wasser eindringen kann.
Schritt für Schritt wird die Baugrube leergeräumt, um zuerst die Sanierung ausführen und dann von unten nach oben das Gleiswechselbauwerk errichten zu können. Schließlich wird auch die rund 1,50 Meter mächtige Betonschicht unterhalb der Zwischendecke abgestemmt, die zu Beginn der Sanierungsarbeiten als Auflast benötigt wurde.
Um den in der nachfolgenden Bauphase von außen auf die Schlitzwände wirkenden Druck zu verringern, muss der Wasserdruck im inneren und äußeren der Baugrube ausgeglichen werden und wird auf -6,30 Meter unter der Geländeoberkante eingestellt. Die Baugrube ist nun fast bis obenhin voller Wasser. Ab jetzt kann nur noch mit Tauchern gearbeitet werden. Diese räumen die Baugrube bis zur Sohle mit Saugbaggern leer, verschließen die Fugen bis ganz nach unten. Geräte, Gerüstteile und alles, was sich sonst noch auf der unteren Bauwerksebene befindet, wird von den Tauchern demontiert und mit Hilfe eines Krans aus der Grube befördert.
Ist die Baugrube frei von allen Materialien, werden rund 240 Mikro-Stahlpfähle mit einem Durchmesser von etwa 63 Millimetern bis ins Tertiär in rund 50 Metern Tiefe unter der Geländeoberkante gebohrt. In einem Raster von circa 2,20 Metern werden die Mikropfähle über den Grundriss der Sohle verteilt. Der obere Teil der Mikropfähle bindet in die Betonsohle ein, die nun unter Wasser gegossen wird. Auf diese Weise wird die rund 2,20 Meter mächtige Betonsohle im Erdreich verankert und gegen Auftrieb gesichert.
Das Wasser kann jetzt bei einem natürlichen Grundwasserstand im umgebenden Erdreich außerhalb der Baugrube komplett aus dem Inneren herausgepumpt werden. Die Tunnelröhren, die wieder geöffnet wurden, werden überprüft und von noch vorhandenem Material freigeräumt. Anschließend werden nahe des Gleiswechsels Waidmarkt neue Schotts mit Türöffnungen Richtung Haltestelle Heumarkt und Severinstraße eingebaut.
Weiterbau und Fertigstellung
Nach Abschluss der Sanierung wird nur noch eine Restwasserhaltung betrieben. Da die Baugrube nun trocken ist und bleibt, können die Öffnungen in den Schotts der Tunnelröhren für Materialeinbringungen genutzt werden und dienen im Notfall als Fluchtwege. Die geschlossenen Schotts, die in den Jahren seit der Havarie das Eindringen von Wasser in die Haltestellen Heumarkt und Severinstraße verhinderten, werden zurückgebaut. Mit der Herstellung der Bodenplatte beginnt der Weiterbau des Gleiswechsels Waidmarkt. Ab jetzt geht es mit dem Bauen wieder nach oben. Aus statischen Gründen muss zunächst noch einmal eine weitere Stahlaussteifung hergestellt werden, dann entstehen die Wände und eine neue Zwischendecke. Steifen werden entfernt. Nachdem die Rohbauwände auf der mittleren Bauwerksebene fertig sind, wird hierauf der neue Deckel aufgelagert. Es werden ein Nottreppenhaus und Versorgungsschächte gebaut. Im Zwischengeschoss wird ein Unterwerk für die Stromversorgung des Bahnbetriebs untergebracht, der oberste Raum wird als Hohlraum für weitere Nutzungen vorgehalten. Die Schotts in den Tunnelröhren und die Wasserhaltung werden zurückgebaut: Das Gelände oberhalb des nun im Rohbau fertigen Bauwerks wird aufgeschüttet und die Oberfläche wieder hergestellt.
Zeitplanung und Gesamtinbetriebnahme
Die Arbeiten bis zur Fertigstellung des Gleiswechsels und einer möglichen Gesamtinbetriebnahme sind extrem aufwendig und komplex. Bei allen Arbeiten, die am Gleiswechsel Waidmarkt ausgeführt werden, steht die Sicherheit an vorderster Stelle.
Die vorhandenen Gegebenheiten, die den Planungen für Sanierung und Weiterbau zugrunde liegen, sind nach intensiven Untersuchungen, die in den vergangenen Jahren durchgeführt wurden, genauestens bekannt. Die real vorhandene Situation im Untergrund wird aber trotzdem im Detail erst dann festzustellen sein, wenn die entsprechenden Tiefen in der Baugrube erreicht werden.
Dies ist ausschlaggebend für den gesamten Zeitplan und kann bedeuten, dass manche Arbeitsschritte kürzer oder länger dauern werden, als ursprünglich vorgesehen. Ein konkretes Datum zu nennen, an dem die Bauarbeiten abgeschlossen sind, ist daher nicht möglich. Gerechnet wird derzeit mit einer Bauzeit von voraussichtlich acht bis neun Jahren, also bis 2028/2029. Je weiter die Arbeiten fortgeschritten sind, umso seriöser wird ein konkreter Zeitpunkt benannt werden können.
Um trotzdem einige Zahlen zu nennen: Für die Vorarbeiten zur Sanierung wird ein gutes Jahr veranschlagt, für das Ausräumen des Bauwerks bis zur Sohle rund vier Jahre, für den Weiterbau mit der Errichtung der Innenschale und eines vorzuhaltenden Raums in der oberen Ebene etwa drei bis vier Jahre. Daran anschließend bzw. parallel müssen der technische Innenausbau und die Einrichtung der für den Stadtbahnbetrieb notwendigen Anlagen erfolgen.
Gedenkraum K3 und Kosten
Die sogenannte Halle mit dem Knick - K3, ein Raum für Kunst, Kommunikation und Kultur - wird laut Ratsbeschluss und einer entsprechend getroffenen Vereinbarung innerhalb des zwischen Stadt Köln, KVB und Arge Los Süd getroffenen Vergleichs als Rohbau hergestellt. Entwurfsplanungen liegen derzeit noch nicht vor und werden vermutlich in den kommenden Jahren in Abstimmung mit der Stadt Köln erstellt. Sie sind nicht Bestandteil der Sanierung und des Weiterbaus wie er hier beschreiben wurde. Rückfragen hierzu sowie zu eventuellen Oberflächenplanungen und -bebauungen sind an die Stadt Köln zu richten, die hier die Federführung hat.
Die Kosten für die Sanierung werden gemäß des getroffenen Vergleichs von der Arge Los Süd getragen, die auch die Fertigstellung des Bauwerks schuldet und den Rohbau für den Gedenkraum übernimmt.
Anschauungsmaterial und vertiefende Informationen
Da Baustellenbesuche nicht möglich sind, haben wir einen Film mit dem Geschäftsführer der Arge Los Süd, Dirk Höllermann, aufgenommen, in dem er die aktuellen Bauarbeiten erläutert. Unter dem Link Baustelleninfos Waidmarkt finden Sie zudem eine Animation zur geplanten Durchführung der Sanierung und dem Weiterbau des Gleichwechsels Waidmarkt sowie eine Präsentation, in der die konkreten Schritte der Bauausführung ausführlich beschrieben und dargestellt sind.
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