Pressemitteilungen Nord-Süd Stadtbahn Köln
24.04.2008 Römische Stadtmauer
Bautechnische Sicherung des archäologischen Fundes
Das im Zuge der Bauarbeiten von Archäologen freigelegte Teilstück der ehemaligen römischen Stadtmauer am Kurt-Hackenberg-Platz soll dauerhaft erhalten und Besuchern in einem für Besichtigungen geeigneten Raum zugänglich gemacht werden.
Da die historische Mauer und ein daran anschließender Kanal sich jedoch exakt in dem Bereich befinden, in dem der Verbindungstunnel zwischen der künftigen Haltestelle Rathaus der neuen Nord-Süd Stadtbahn und der bestehenden Haltestelle Dom/ Hauptbahnhof gebaut wird, musste zunächst eine Machbarkeitsstudie erarbeitet werden. Ausgangspunkt für die Untersuchungen waren vor allem der vorliegende Bauzustand, die statischen Randbedingungen sowie weitere vorhandene Gegebenheiten wie Leitungsquerungen, Wasserhaltung, Verkehrsführung oder Zusatzmaßnahmen für die größere Beanspruchung des Verbaus aus hohen Vertikallasten.
Folgende Lösung für den Erhalt und die Sicherung des historischen Fundes wurde von den Ingenieuren erarbeitet: Die zu erhaltenden Teile der römischen Stadtmauer und des Kanals werden an ihrem jetzigen Standort gesichert und während der darunter auszuführenden Tunnelbauarbeiten nach oben aufgehängt. Dazu wird die Baugrube bis zu der erforderlichen Arbeitstiefe gesichert. Es werden Verschalungen an Seitenflanken und Stirnseiten der Mauer vorgenommen und mögliche Hohlräume im Bereich des querenden Kanalstücks verdämmt.
Nachdem das Baufeld auf diese Art und Weise frei gemacht wurde, kann das neue Tunnelbauwerk hergestellt werden. Im Anschluss wird das Stadtmauerstück auf dem fertigen Tunnel aufgelagert und die Aufhängekonstruktion zurückgebaut.
Der Grabungsbereich wird im Endzustand mit einer Stahlbetonkonstruktion die an der West- und Ostseite über den Tunnelwänden, an der Südseite parallel zum neuen Kanal und im Norden mit circa einem Meter Abstand zum Ende der römischen Wand verläuft, eingefasst. Die Decke wird mit einer Überschüttung von rund einem Meter vorgesehen, um eine ausreichende Höhe für den Straßenaufbau zu schaffen. Begehbar sein wird der Raum über einen Eingang von der Straßenoberfläche und einer Treppenanlage aus.
Die erforderlichen Arbeiten können nur mit Eingriffen in die heutige Verkehrssituation ausgeführt werden. Erschwernisse bei den Verbauarbeiten führen zudem zu einer verlängerten Bauzeit, die jedoch keine Auswirkungen auf die Inbetriebnahme der Nord-Süd Stadtbahn insgesamt haben wird. Die Kosten für die Maßnahme liegen bei rund drei Millionen Euro, die von der Stadt Köln getragen werden.
Daten und Zahlen
• Zu erhaltendes Stück der römischen Stadtmauer:
Länge: ca. 11 Meter
Breite: 2,70 Meter
Höhe: 7,20 Meter
Gewicht: ca. 330 Tonnen
• Abwasserkanal mittig an der Ostseite der Mauer
• Länge: ca. 3,50 Meter (gesamt 10,00 Meter
Breite: 3,00 Meter
Höhe: 4,00 Meter
Gewicht: ca. 75-100 Tonnen
• Der zur Haltestelle Dom/ Hbf. führende Tunnel
• Breite: 9,25 Meter (Außenkante); 8,00 (Innenkante)
Höhe: 6,40m (jeweils Außenkante), 4,70 (Innenkante)
• Die Mauer liegt im nördlichen Bereich (Richtung HBF.) auf der Tunneldecke auf. Im Süden liegt die Tunneldecke ca. 0,50 Meter tiefer.
• Die Stahlbetontunneldecke muss nicht verstärkt werden, um die Auflast der Mauer und des Kanals zu tragen, verstärkt werden muss jedoch der Verbau. Zudem bedarf es einer zusätzlichen Steifenlage, um die spätere Einhausung (16 mal 6,40 Meter) sowie die für die Zugänglichkeit notwendige Treppenanlage begehen zu können.
• Vorbereitende Maßnahmen sowie konkrete Planung werden nun - nach Fassung des notwendigen Ratsbeschlusses - begonnen. Für die Umsetzung es geplanten Vorhabens werden ab Beginn der Arbeiten rund acht Monate benötigt.
RÖMISCH-GERMANISCHES MUSEUM DER STADT KÖLN
KÖLN, 24. APRIL 2008
RÖMISCHES HAFENTOR WIRD ERHALTEN
EIN DENKMAL FÜR KÖLN
Der Erhalt historischer Denkmäler in der Trasse der Nord-Süd Stadtbahn Köln ist aufgrund der Zwangsläufigkeit der unterirdischen Linienführung durch den historischen Stadtkern nur in Ausnahmefällen möglich.
Der außergewöhnliche Fund des römischen Hafentores war für Herrn Oberbürgermeister Schramma Anstoß, eine Machbarkeitsprüfung zur Denkmalrettung zu koordinieren. Ein Ortstermin in der Baugrube am 22. Januar 2008 erlaubte eine ausführliche Diskussion und Begutachtung der Denkmalsubstanz und Denkmalqualität.
Gemäß Geist und Inhalt des Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen (1980) erarbeiteten Römisch-Germanisches Museum und Kölner Verkehrs-Betriebe für den Oberbürgermeister ein Erhaltungskonzept des Denkmalensembles.
Nach umfassender Prüfung der Erhaltungsmöglichkeiten, der Finanzierung und Überlegungen zur künftigen öffentlichen Präsentation haben Oberbürgermeister und Mitglieder des Rates der Stadt Köln die Erhaltung ermöglicht.
ERWARTUNG UND AUSGRABUNG
Seit den archäologischen Vorbereitungen (begonnen in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts) der Nord-Süd Stadtbahn Köln war es sicher, dass die U-Bahn-Trasse unter dem Kurt-Hackenberg-Platz große erhaltene Abschnitte der römischen Stadtmauer im Osten am Hafen kreuzt und folglich zu Denkmalkonflikten führen könnte.
Archäologische Hinweise aus der Baugrube der Philharmonie (Ausgrabungen 1979/1980) deuteten auf ein mächtiges unterirdisches Mauervolumen. Bereits seit den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts lagen anlässlich der ersten Kölner Kanalisationsbauten Beobachtungen zu römischen Mauern vor, die auf einen Torbau wiesen. Ein solches Tor passte topographisch zur römischen Hafenstraße aus Basaltsäulen an der Südseite des Römisch-Germanischen Museums.
Bei den Vorstudien ergaben sich Hinweise, dass möglicherweise das römische Tor noch im Mittelalter als „Drachenpforte“ als Zugang zur Domimmunität genutzt wurde.
Bei den Ausgrabungen der Arbeitsgemeinschaft Köln-Archäologie seit November 2007 zeigte sich kaum einen Meter unter dem Straßenpflaster die Mauerkrone der diagonal verlaufenden römischen Stadtmauer und ihre mittelalterlichen Aufbauten.
Irritierend war, dass das gesuchte römische Tor offenbar nicht vorhanden zu sein schien.
Erst weitere Ausgrabungen und intensive Bauuntersuchungen zeigten, dass der Torbau auf der Stadtinnenseite lag und bereits – in der Zeit der Abwehrkämpfe gegen die Franken aus Sicherheitsgründen – in den späten Jahren der römischen Herrschaft in Köln zugemauert worden ist (wohl 2. Hälfte des 4. Jahrhunderts n. Chr.).
DIE RÖMISCHE STADTMAUER IN KÖLN
Die erste Wehrmauer aus Stein umschloss mit einer Länge von 3.900 Metern die römische Innenstadt. In der Mauer öffneten sich mindestens 9 Tore: Eines im Norden (Unter Fettenhennen: Große Torburg mit einer hohen mittleren Durchfahrt und zwei Fußgängerpforten, eine heute noch vor dem Dom erhalten); drei Tore im Westen (Breite Straße, An St. Aposteln, Bobstraße), zwei Tore im Süden (Torburg wie im Norden an der Hohen Pforte; Kaygasse/Alte Mauer am Bach) und mindestens drei Tore am Osten zum Hafen: Kurt-Hackenberg-Platz, Marsplatz/Rathaus und an Maria im Kapitol.
DAS HAFENTOR
Die Grundrissarchitektur des römischen Torturms bietet einen bisher unbekannten Entwurf:
Zum ersten Mal wird sichtbar, dass die Tore an der Kölner Hafenfront nicht über die Stadtmauerachse der Rheinaue hinausgreifen. Dies geschah offenkundig aus wohlüberlegten statischen Gründen. Der Turmbau in der Mauer diente der Torsicherung.
Das ehemalige zweiflüglige Holztor öffnete sich einerseits zu den Kaianlagen im Hafen, andererseits war das Tor mit der (am Römisch-Germanischen Museum wieder ausgelegten) römischen Hafenstraße verbunden.
Das Hafentor Kurt-Hackenberg-Platz ist gegenwärtig das einzige römische Stadttor – von insgesamt neun Stadtmauertoren – das materiell als ortsfeste Architektur zugänglich ist (vor dem Dom steht versetzt nur noch eine der Fußgängerpforten des römischen Nordtores).
Das römische Hafentor in der Stadtmauer ist nicht nur ein Zeugnis frührömischer Wehrarchitektur am Grenzfluss des Römischen Reiches, sondern es zeigt darüber hinaus einen historischen Bauzustand, der Phasen der Stadtgeschichte von spätrömischer Zeit bis in das Mittelalter spiegelt.
Die römische Stadtmauer war im Mittelalter die innere östliche Grenze der erzbischöflichen Immunität. Das Wohnhaus des Kölner Erzbischofs nutzte hier die römische Stadtmauer als Teil der sogenannten „Kemenade des Landgrafen“.
Das Tor blieb seit spätrömischer Zeit vermauert. Stattdessen brach man im Hochmittelalter vielleicht im Verbund mit dem Bau des Großen Erzbischöflichen Palastes (des Erzbischofs
Rainald von Dassel, um 1160) ein neues Tor („Drachenpforte“) in die noch immer stehende römische Stadtmauer.
DER ABWASSERKANAL
Bereits vor dem Bau der Stadtmauer war planerisch festgelegt, dass ein großer Entwässerungskanal für die Bauviertel im Nordosten der römischen Stadt unter der Hafenstraße durch die Stadtmauer in den Hafen führen sollte. Dieser Kanal aus schweren Kalkstein- und Tuffquadern hat einen nahezu quadratischen Querschnitt. Kleinere gemauerte Wasserkanäle führten von den Privatgrundstücken beiderseits der Straßen in diesen zentralen Kanal. Der Kanalzugang erfolgte über Einstiege in regelmäßigen Abständen.
Die Reinigung war jedoch – anders als bei den parallelen Kanälen beispielsweise in der Budengasse oder in der Augustinerstraße – nur im Kriechgang möglich. Das Baumaterial war teilweise bereits früher in der Stadt für anderweitige Bauten benutzt worden. Hier liegt also ein Fall von frühem Recycling vor. Aus dem Kanal stammt die berühmte, 1969 gefundene, Bauinschrift (der Stadtmauer ?) des Kaisers Nero aus dem Jahre 67 n. Chr. (heute im Römisch-Germanischen Museum).
RÖMISCHE BAUTECHNIK UND MAßE
Die römische Stadtmauer ist ein einheitlicher Architekturentwurf. Das Kernmauerwerk ist aus opus caementitium (= römischer Beton; Ursprung des deutschen Wortes Zement). Es erfüllt auch heute noch alle deutsche Industrienormen (DIN). Die Innen- und Außenschalen sind aus handgroßen Grauwackequadern fugengenau gemauert. Die Grauwacke stammt aus (bisher unbekannten) Steinbrüchen am Mittelrhein. Die Kernfüllung besteht mehrheitlich aus Grauwackebruch, aber auch in geringem Umfang aus Basalt und Trachyt (aus dem Römerbruch am Drachenfels). Der römische Kalk wurde im Erfttal abgebaut.
Maße zur römischen Stadtmauer:
Fundamentbreite 3 Meter, Fundamenttiefe durchschnittlich 4,50 Meter
Sichtbare Wehrmauer-Breite 2,40 Meter
Ehemalige Mauerhöhe über dem römischen Gelände ca. 8 Meter bis zum Wehrgang (zusätzlich Brustwehr und Zinnen ca. 2 Meter).
KÜNFTIGE ERHALTUNG
Die römische Stadtmauer Kurt-Hackenberg-Platz steht als ortsfestes Bodendenkmal Nr. 429 seit dem 16. Dezember 1999 in der Liste der Bodendenkmäler der Stadt Köln und unterliegt den Bestimmungen des Denkmalschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen.
Die vorzügliche Qualität des römischen Bauensembles gebietet gemäß Denkmalschutzgesetz eine nachhaltige sichtbare Erhaltung als Denkmal der römischen Kaiserzeit und als herausragendes Zeugnis der Kölner Stadt- und Reichsgeschichte. Es ist ein sichtbarer Bauabschnitt der römischen Limesgrenze.
Es ist möglich, den wesentlichen Kernbestand des aufgedeckten Bodendenkmals am Ort zu bewahren. Die erhaltene römische Mauerwerkskrone liegt unterhalb der Geländehöhe des Kurt-Hackenberg-Platzes. Der erhaltensfähige Mauerumfang mit einer Mindestlänge von ca. 11 Metern einschließlich Torbereich und Kanalauslass soll künftig (auf Nachfrage per Schlüssel) öffentlich zugänglich sein (Einstieg in den unterirdischen Raum auf der geplanten Verkehrsinsel Kurt-Hackenberg-Platz).
Dieser Denkmalbereich wird das umfangreichste archäologische Monument der Nord-Süd Stadtbahn in Köln mit einem attraktiven Besucherraum sein.
Das unterirdische römische Denkmal sollte sich künftig in der farblich abgesetzten Oberflächengestaltung des Kurt-Hackenberg-Platzes spiegeln. Lage und Verlauf der römischen Stadtmauer könnte so von der Südterrasse des Museum Ludwig für Bürger und Gäste der Stadt bis zur Achse Unter Taschenmacher hinweg erkennbar sein.
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