Pressemitteilungen Nord-Süd Stadtbahn Köln
23.08.2006 Schildvortrieb der Nord-Süd Stadtbahn Köln
Tosca, Rosa und Carmen, die drei Tunnelbohrmaschinen der Nord-Süd Stadt-bahn Köln, sind alle innerhalb des Terminplans erfolgreich gestartet und fahren die Röhren der künftigen Stadtbahntrasse zwischen Breslauer Platz und Bonner Wall auf.
Bisher kam es zu keinen größeren Komplikationen. Wohl aber traten in einigen Häusern im Einflussbereich der Schildfahrt Setzungen mit nachfolgenden Rissbildungen auf. Wie es zu solchen Setzungen kommt, welche statischen Untersuchungen und Sicherungsmaßnahmen im Vorfeld der Schildfahrt durchgeführt wurden, um Gefährdungen auszuschließen und mögliche Schäden zu minimieren, und wie dennoch auftretende Gebäudeschäden reguliert werden, soll im Folgenden dargestellt werden.
Die Wahl der Baumethode
Dass die Stadt Köln sich seinerzeit entschied, die neue Nord-Süd-U-Bahn unterirdisch im Schildvortriebsverfahren zu bauen, hat gleich mehrere gute Gründe:
Eine offene Bauweise ließe sich in einer so dicht bebauten Metropole wie Köln unmöglich realisieren, da die Auswirkungen auf Alltagsleben, Anwohner, Geschäftsleute und Verkehr nicht kompensiert werden könnten. Die unterirdische Baumethode bietet sich daher an. Das Verfahren ist mittlerweile so ausgereift, dass es überall auf der ganzen Welt erfolgreich zur Anwendung kommt. Es ist schneller, kostengünstiger und sicherer als alle denkbaren anderen Bauweisen. Schon in Köln-Mülheim machte die Stadt gute Erfahrungen mit dieser Technik, ohne die ein Bau der Nord-Süd Stadtbahn Köln mit der heutigen Trassenführung ausgeschlossen wäre.
Risse und Setzungen während der Schildfahrt
Auch bei der Schildbauweise treten jedoch Schwierigkeiten auf, die bei Planung und Bauausführung berücksichtigt und bewältigt werden müssen. Abgesehen von maschinentechnischen Herausforderungen bei der Schildfahrt selbst, betrifft dies vor allem die im Einflussbereich des Tunnelvortriebs bestehende Bebauung, die durch den Abbau von Erdreich im Untergrund und durch von der Maschine ausgelöste Erschütterungen beschädigt werden kann.
Abbau von Erdreich
Um ein Absacken der Erdoberfläche bei der Herstellung der Tunnelröhren zu verhindern, wird ein "Hydro-Mix-Schild" eingesetzt. Die Maschine baut das Erdreich mit Hilfe einer Stützflüssigkeit (Bentonit-Suspension) ab, die vor das Schneidrad gepumpt wird und zusätzlich mit Hilfe von Druckluft den umliegenden Boden so verfestigt, das der darüber liegende Sand und Kies nicht nachrutschen kann.
Zeitgleich drückt sich die Maschine weiter nach vorn am letztgebauten Ring ab und in der Maschine wird - sobald genügend vorgefahren werden konnte - erneut ein Tunnelring gebaut. Auf diese Weise entstehen niemals Hohlräume, in die Erdreich abstürzen könnte. Es verbleibt lediglich ein so genannter "Ringspalt". Dieser entsteht dadurch, dass die Tunnelröhre einen wenige Zentimeter geringeren Durchmesser aufweist als die Schildmaschine selbst. Der Ringspalt wird mit Zementmörtel kontinuierlich "verpresst".
Bildung von Setzungsmulden
Trotz dieser Technik kommt es durch den Abbau von Boden und die durch den Betrieb der Tunnelbohrmaschine verursachten Erschütterungen zu unvermeidbaren Veränderungen und Umlagerungen der Spannungsverhältnisse im Boden sowie damit einhergehenden Verformungen im Bodengefüge. Dies führt letztlich zur Bildung so genannter "Setzungsmulden". Diese leichten Absenkungen des Erdreichs entwickeln sich dreidimensional über dem aufgefahrenen Tunnel.
Vereinfacht kann man eine in Längsrichtung zur Schildfahrt verlaufende Setzungsmulde beschreiben und eine, die quer zur Schildfahrt verläuft. Die Längsentwicklung der Senkungsmulde ist - in Abhängigkeit zur Höhe der Überdeckung - nur sehr flach geneigt. Sie entsteht schon vor der Tunnelbohrmaschine und erreicht ihren tiefsten Punkt direkt über der Maschine.
Auswirkungen auf die Bebauung
Die sich muldenartig ausbildenden Setzungen, die quer zur Schildachse verlaufen, rufen im Vergleich hierzu stärkere Neigungswinkel hervor und können letztlich dazu führen, dass durch minimale Schiefstellungen der Fundamente Rissbildungen in den unmittelbar beeinflussten Gebäuden entstehen.
Die verformungsbedingte Verdrehung der Fundamente hängt ab von dem Abstand der Fundamente zueinander, von den jeweiligen Senkungseinflüssen sowie auch von der Bausubstanz. Die möglichen Auswirkungen der Schildfahrt werden aus diesem Grund für jeden Standort und jedes Gebäude individuell beurteilt.
Extrem hohe Sicherheitsstandards
Jedes Haus wurde/ wird einzeln betrachtet und beurteilt. Auf Grundlage dieser Betrachtung wird festgelegt, welche Sicherungsmaßnahmen durchgeführt werden, die sich gliedern lassen in vorlaufende, baubegleitende und nachlaufende Maßnahmen. Verglichen mit den Standards, die bei innerstädtischen Tunnelbaumaßnahmen in anderen Städten zugrunde gelegt werden, sind die beim Bau der Nord-Süd Stadtbahn Köln vorgegebenen und realisierten Sicherungsmaßnahmen in allen drei Bereichen außergewöhnlich hoch.
Intensive Bodenverbesserungsmaßnahmen
Um auszuschließen, dass aufgrund der durch den Schildvortrieb verursachten Setzungen eine Gefährdung der Standsicherheit eines im Einflussbereich befindlichen Gebäudes eintritt, werden im Vorwege einer Baumaßnahme wie der Nord-Süd Stadtbahn Köln Bodenuntersuchungen angestellt, um die Beschaffenheit des Untergrundes und dessen Festigkeit zu überprüfen. Wo es erforderlich ist, werden vorlaufende Bodenverfestigungsmaßnahmen durchgeführt.
In Köln wurden je nach Bedarf und Praktikabilität unterschiedliche Verfahren angewandt, bei denen Zement bzw. Zementsuspension aus den Kellern der Gebäude heraus oder von außerhalb der Gebäude in das Erdreich verpresst wurden (Hochdruckinjektionen und Feststoffeinpressungen).
Kompensationsinjektionen
In bestimmten Bereichen wurden aus eigens hierfür hergestellten Schächten auch so genannte Kompensationsinjektionen vorgenommen. Diese dienen im Vorfeld als Bodenverbesserung, werden aber besonders als begleitende Maßnahme während der Schildfahrt eingesetzt. Es werden auf unterschiedlichen Höhen Gestänge fächerförmig in den Boden getrieben, durch die unter elektronischer Kontrolle ebenfalls Zementsuspension in einem Bereich von bis zu 55 Metern Umkreis in den Boden eingebracht werden kann. Durch ein Schlauchwaagenmesssystem wird jede Veränderung an den umliegenden Gebäuden ab einer Größe von einem Zehntel Millimeter gemessen.
Ziel dieser Kompensationsinjektionen ist es, die vortriebsbedingt entstehenden Senkungen durch das gezielte vorlaufende und baubegleitende Einpressen von Feststoffen in den Boden auszugleichen und somit schädigende Verformungseinwirkungen auf die tangierten Gebäude zu verhindern. Auch noch nach der Schildfahrt sind Ausgleichsinjektionen möglich.
Statische Prüfung und Gebäudesicherungen
Jedes Gebäude, das sich im Einflussbereich der Schildfahrt befindet, wurde zudem von Bautechnikern und Statikern auf seine Bausubstanz hin begutachtet und beurteilt. Wo Setzungsberechnungen und Zustand des Gebäudes es erforderlich machten, wurden/ werden Sanierungsarbeiten und gegebenenfalls auch zusätzliche Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.
Bei letzteren kann es sich um Giebelabstützungen zwischen zwei Häusern handeln, in deren Mitte ein wesentlich niedrigeres Haus steht, aber auch - wenn nötig - um Abstützungen innerhalb eines Hauses.
Kontrollmaßnahmen
Zur Überprüfung und Kontrolle der stattfinden Bewegungen im Erdreich wurden Messbolzen an jedem Haus angebracht. Oberhalb der Schildfahrt befinden sich im Abstand von rund 25 Metern weitere Messpunkte. Dazu wurden so genannte Extensometer ins Erdreich eingebracht. Mit Hilfe alle dieser Messeinheiten ist es möglich, die Setzungen der Schildmaschine kontinuierlich, z.T. elektronisch, zu überwachen.
Zusätzlich zu diesen Maßnahmen sind während der Schildfahrt "Gebäudebeobachter" unterwegs, die alle im Einflussbereich der Tunnelröhre liegenden Häuser regelmäßig im Abstand weniger Stunden begehen, überprüfen, ob Risse entstanden sind, diese dokumentieren, weitermelden und deren Entwicklung beobachten.
Beweissicherung und Schadensregulierung
Bevor der Tunnelbau der Nord-Süd Stadtbahn Köln begann, wurde ein Beweissicherungsverfahren durchgeführt. Dabei wurde eine Bestandsaufnahme jedes Hauses gemacht, der Zustand dokumentiert und protokolliert. Die Unterlage bietet die Basis dafür, durch die Bauarbeiten möglicherweise verursachte Beschädigungen oder Veränderungen an den Gebäuden nach Abschluss der Arbeiten festzustellen und notwendige Wiederherstellungsmaßnahmen zu ergreifen.
Alle Schäden, die in direktem Zusammenhang mit dem Bau der Nord-Süd Stadtbahn Köln entstehen, werden von einem durch die Bauherrin KVB beauftragten Unternehmen, einem spezialisierten "Schadensbüro", reguliert.
Ein Schadensfall wird dem Büro seitens KVB oder bauausführender Firmen über ein Meldungsformular angezeigt. In Fällen, die eine sofortige Reaktion erfordern (klemmende Tür o.ä.) genügt auch eine telefonische Meldung. In jedem Fall setzt sich der Schadensregulierer mit dem Eigentümer oder Anlieger in Verbindung und regelt die "Nutzbarkeit" der Gebäude. In dringenden Fällen wird dem Anlieger/ Eigentümer kurzfristig die Möglichkeit gegeben, einen Handwerker zu beauftragen, der den Schaden behebt. In weiteren Reparaturen, die nicht zeitabhängig sind, werden nach Abschluss der Bauarbeiten Regelungen zwischen dem Ingenieurbüro und den Anliegern/ Eigentümern getroffen. Auch hier wird der Schadensregulierer Firmen vorschlagen, die beauftragt werden können.
Informationen und Ansprechpartner
Informationen zu den derzeit ausgeführten und geplanten Arbeiten in den jeweiligen Baubereichen, der Position der Schildmaschinen etc. gibt es im eigens hierfür eingerichteten InfoCenter der Nord-Süd Stadtbahn Köln in der Bechergasse 2, direkt am Alter Markt (Tel. 0221/ 547-4780). Außerdem auf der Internetseite der Nord-Süd Stadtbahn unter "Bauinfos" sowie in den rund 20 Baustellenschildern, die entlang der Strecke in der Nähe der Baustellen aufgestellt sind. Die Informationen werden wöchentlich aktualisiert.
Außerdem sind im gesamten Streckenbereich Anliegerbeauftragte eingesetzt, die über auf Handys geschaltete Telefonnummern zum Festnetztarif jederzeit erreichbar sind.
Auch die Gebäudebeobachter sind vor Ort im Einflussbereich der Schildfahrt unterwegs und fungieren als Ansprechpartner. Im Abstand weniger Stunden begehen sie die Gebäude und überprüfen, ob Setzungen und Risse auftreten.
Bei Rückfragen steht Ihnen unsere Mediensprecherin, Frau Gudrun Meyer, unter Tel. 0221/ 547-3338 oder 0151-11733916 gern zur Verfügung.
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