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11.07.2006 Tunnelbohrmaschine "Carmen" auf dem Weg in den Süden

Rund zweieinhalb Meter hatte die Schildmaschine "Carmen", die die Tunnelröhre vom Breslauer Platz bis kurz vor der Philharmonie herstellt, heute Nachmittag um 14.00 Uhr bereits zurückgelegt.

Auf den ersten 4,30 Metern muss sie einen so genannten Dichtblock, der aus mehreren hintereinander liegenden, unbewehrten Schlitzwänden besteht, durchfahren. Ist das (voraussichtlich bis morgen Vormittag) geschafft, kann der Tunnelbau auch im Baulos Nord in den Regelbetrieb übergehen. "Carmen" soll dann täglich bis zu zehn Meter zurücklegen und im September mit der Herstellung der Oströhre fertig sein. Anschließend wird sie auseinandergebaut, zurücktransportiert und im Startschacht "West" erneut zusammengesetzt. Der zweite Schildvortrieb von Norden her soll möglichst noch im Oktober beginnen.

Erste Testläufe für die Anfahrt des Schildes wurden ab dem 3. Juli 2006 durchgeführt. Nachdem alles klappte, fräste sich die 574 Tonnen schwere Schildmaschine am Freitagnachmittag erstmals um 20 Zentimeter ins Erdreich. Ein großer Moment, denn "Carmen" startet mit einer weltweit neuen Anfahrkonstruktion. "Fliegende Schildanfahrt" hat Dipl.-Ing. Stephan Assenmacher von der Firma Hochtief und Leiter des Schildvortriebs bei der Arge Nord, seine Erfindung genannt, auf die bereits ein Patent angemeldet ist. Noch bevor nun in der Praxis belegt ist, dass das von ihm erdachte Verfahren funktioniert, haben schon etliche Fachfirmen ihr Interesse daran angemeldet und wollen es übernehmen.

Vereinfacht dargestellt, startet eine Tunnelbohrmaschine normalerweise, indem so genannte "Blindringe" gebaut werden, an denen sich die Schildmaschine mit Hydraulikpressen ab- und nach vorne drückt. Bei "Carmen" ist alles anders: Der Platz für die Anfahrt der Schildmaschine am Breslauer Platz ist äußerst begrenzt. Hätte man das herkömmliche Verfahren gewählt, hätte man weitere Eingriffe in den Straßenverkehr vornehmen müssen, um den Startschacht in der nötigen Größe herzustellen. Das brachte Stephan Assenmacher auf die Idee, einen so genannten "Druckring" (eine "Stahlrücksteifkonstruktion") zu bauen. Diese Konstruktion steht nicht starr auf einem Fleck, sondern wird mit der Maschine zusammen durch zusätzlich an dem Druckring angebrachte Hohlkolbenpressen nach vorn gedrückt. Das Ganze funktioniert wie bei einer großen Schraubzwinge: Der hinter der Schildmaschine installierte Druckring ist über Gewi-Stangen (Gewindestangen) mit zwei links und rechts neben der Tunnelbohrmaschine an der Startwand ("Brillenwand") vertikal fest angebrachten Stahlträgern verbunden. Über diese Gewi-Stangen erfolgt die Weiterleitung der Vortriebskräfte aus dem Druckring. Die Vortriebspressen der TBM haben in dieser Phase nur eine haltende Funktion.

Die Anlage lässt sich sowohl im Automatikbetrieb als auch im Handbetrieb fahren. Die wichtigsten Funktionen der Steuerungsanlage sind so abgesichert, dass auch bei Stromausfall, einer Überschreitung von maximalen Kräften oder einer maximalen Schiefstellung, einer Leckage in der Hydraulik oder ähnlichem nach dem Abschalten der Anlage ein sicherer Zustand erreicht wird.

Der Vorschubzyklus über die Hohlkolbenpressen wird so lange wiederholt, bis der Druckring in der vorausberechneten Position vor der Brillenwand steht. Im Anschluss daran wird der weitere Vortrieb nun in herkömmlicher Bauweise von den Vortriebspressen mit anschließendem Ringbau übernommen.

Der Vorteil der "Fliegenden Schildanfahrt" gegenüber einer konventionellen Anfahrt mit starrer Rücksteifkonstruktion und Blindringen besteht nicht nur in einer Platzersparnis, die sich zudem auch noch kostenmindernd auswirkt, sondern auch durch einen schnelleren Ablauf der Anfahrphase durch einen nahezu ununterbrochenen Vorschub des Systems bis in die Endstellung des Druckrings bzw. der Maschine. Zudem ist eine verbesserte Arbeitssicherheit durch Entfall von aufwändigen Montage- und Demontagearbeiten bei Blindringen und Rücksteifkonstruktion gewährleistet.

Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an Mediensprecherin Gudrun Meyer, Tel. 0221/ 547-3338.





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