Niederflurfahrzeuge

Niederflurfahrzeuge von Alstom Transport Deutschland und Kiepe Electric

Im November 2020 hat die KVB den Auftrag für die neue Generation von Niederflur-Bahnen an das Konsortium Alstom Transport Deutschland GmbH (Salzgitter) und Kiepe Electric GmbH (Düsseldorf) vergeben. Die Unternehmen, die nach einem europaweiten Ausschreibungsverfahren den Zuschlag erhalten haben, liefern 62 moderne durchgängige Niederflurfahrzeuge (60-Meter-Langzüge) sowie zwei rund 30 Meter lange Niederflurfahrzeuge.

Die Langzüge sollen 124 Fahrzeuge der Baureihe K4000 ersetzen, die bereits heute ihre Nutzungsgrenze erreicht haben. Nach der Ertüchtigung der Ost-West-Achse sollen auf den Linien 1 und perspektivisch auch auf der Linie 9 rund 90 Meter lange Zugverbände fahren. Diese setzen sich jeweils aus einem Lang- und einem Kurzzug zusammen. Auf diese Weise kann die Kapazität auf diesen Linien um bis zu 50 Prozent erhöht werden. Diese Erweiterung ist dringend erforderlich, um dem steigenden Fahrgastaufkommen Rechnung zu tragen.

Das Investitionsvolumen für die Beschaffung der neuen Fahrzeuge liegt bei rund 363 Millionen Euro. Weiterhin umfasst der Auftrag Optionen für den Kauf von bis zu weiteren elf Lang- und 25 Kurzzügen, die für die verschiedenen Ausbauprojekte im KVB-Streckennetz nach dem ÖPNV-Bedarfsplan benötigt werden. An Fördermitteln für Stadtbahn-Beschaffungen stehen für dieses Projekt bis 2031 insgesamt rund 80 Millionen Euro zur Verfügung. Die von der KVB zu tragenden Investitionen sollen über Gesellschafterdarlehen der Stadt finanziert werden.

Frontansicht Mockup

Verhüllte Front des Mockup

Auslieferung der Fahrzeuge verzögert sich deutlich

Leider verzögert sich die Auslieferung der Fahrzeuge erheblich. Die Vorserie (bestehend aus jeweils zwei Lang- und Kurzzügen) sollte bereits Ende 2023 geliefert und für rund ein Jahr erprobt werden. Die Lieferung der Serienfahrzeuge sollte Ende 2024 beginnen. Gemäß schriftlicher Mitteilung von Alstom beträgt der Verzug aktuell – Stand November 2024 - für die Vorserien-Fahrzeuge mehr als 31 Monate und für die Serien-Fahrzeuge knapp 33 Monate. Alstom bedauert in einer schriftlichen Stellungnahme „die verspätete Auslieferung und die damit einhergehenden Einschränkungen für die Kölner Verkehrs-Betriebe und die Fahrgäste“. Ziel sei es, „dass Köln schnellstmöglich die neuen Bahnen zur Verfügung stehen.“

Bis es so weit ist, müssen die Bahnen der Serie K4000 mit erheblichem Aufwand und erheblichen Kosten für den weiteren Betrieb ertüchtigt werden.

Neue Wege bei der Fahrzeug-Entwicklung

Bei der Entwicklung des neuen Niederflur-Fahrzeugs ist die KVB neue Wege gegangen.

Im Straßenbahn-Museum Thielenbruch wurde ein knapp zehn Meter langes und rund 8,5 Tonnen schweres so genanntes Design-Mockup aufgestellt, ein 1:1-Modell des gesamten vorderen Bereichs eines Stadtbahnwagens bis hinter den ersten Türbereich.

So konnten sich alle Beteiligten einen realen Eindruck verschaffen, wie der Wagen aussieht, wie die Platzverhältnisse sind, ob bereits vereinbarte Änderungen umgesetzt sind. An diesem Modell fanden anschließend weitere Abstimmungen mit den Behindertenverbänden, mit der Berufsgenossenschaft, dem Betriebsärztlichen Dienst, mit Fahrpersonal, Betriebsrat, Werkstattmitarbeitenden und Designverantwortlichen statt. Und auch die Kölnerinnen und Kölnern konnten sich an zwei „Besuchertagen“ einen Eindruck von dem neuen Stadtbahn-Fahrzeug verschaffen. Aufgrund dieser Abstimmungen und Erkenntnisse wurden dann alle Zeichnungen und Unterlagen für die Produktion vorbereitet.

Blick in den Fahrgastraum

„Hohe Akzeptanz bei den Fahrgästen von großer Bedeutung“

KVB-Vorstandsvorsitzende Stefanie Haaks:
„Wir befinden uns in der größten Ersatzbeschaffung der Geschichte der KVB sowohl im Niederflur- als auch Hochflurstadtbahnbereich. Daher ist für uns eine hohe Akzeptanz der neuen Fahrzeuge von enormer Bedeutung. Denn nur dann können wir zur Attraktivierung des öffentlichen Nahverkehrs in Köln und der Region beitragen und damit die notwendige Verkehrswende vorantreiben.

Ich freue mich, dass wir aufgrund der technischen Entwicklungen ein Format schaffen konnten, bei dem sowohl unsere Kollegen und Kolleginnen als auch unsere Fahrgäste in den Herstellungsprozess einbezogen wurden.“

Bereits ein Jahr zuvor waren im Straßenbahn-Museum Thielenbruch so genannte Ergonomie-Mockups aufgestellt worden: jeweils ein 1:1-Anschauungsmodell einer Fahrerkabine und eines Mehrzweckbereichs, dessen Gestaltung vor allem für Menschen mit Einschränkungen von Bedeutung ist.

Vertreter von Behindertenverbänden und mobilitätseingeschränkte KVB-Mitarbeitende konnten anhand dieses Nachbaus testen, ob die bisherigen Entwicklungen für sie hilfreich und nutzbar sind sowie Verbesserungsvorschläge machen. Dabei geht es beispielsweise um die Anordnung von Haltegriffen und -stangen oder Anforderungsknöpfen und Ähnliches.

Anhand von Farbmustern konnten Kontraste im Fahrzeug veranschaulicht werden. Darüber hinaus konnte man sich mit einer VR-Brille virtuell durch das komplette Fahrzeug bewegen – ein beeindruckendes Erlebnis für alle Teilnehmenden.

Fahrerinnen und Fahrer der KVB konnten den Fahrerstand begutachten und ihre Anregungen und Wünsche äußern.

Das Ausprobieren, Sehen und Erkunden hat bei allen Beteiligten zu Erkenntnissen und besserem Verstehen geführt. Im weiteren Entwicklungsprozess werden diese Erkenntnisse gebündelt und Lösungen entwickelt. An den Mockups und mit Hilfe der VR-Brille fanden zudem intensive Abstimmungen zwischen KVB und Alstom über die weitere Entwicklung des Fahrzeugs statt. Die Erkenntnisse flossen dann in das Design-Mockup ein.

Zusätzliche Türen, Klimaanlagen und Kollisionswarnsystem

Die neuen Bahnen werden sich mit ihrer modernen und innovativen Ausgestaltung deutlich von den Bestandsfahrzeugen der KVB abheben: Im Vergleich zum heutigen Fahrzeugkonzept (zwei Kurzzüge werden miteinander zu einer Doppeltraktion gekuppelt) besteht die neue Fahrzeugserie aus durchgängigen Langfahrzeugen.

Türbereich des Mockup

Blick durch die Fahrertür

Ein Langzug hat im Vergleich zu einer heutigen Doppeltraktion pro Seite zwei zusätzliche Fahrgasttüren (zehn statt bislang acht Türen). Ziel ist es, das Ein- und Aussteigen zu beschleunigen und eine bessere Verteilung der Fahrgäste im Fahrzeug zu erreichen.

Die Mehrzweckbereiche sind offen und großzügig gestaltet, das Innendesign ist hell, freundlich, modern und einladend.

Alle neuen Fahrzeuge sind mit CO2-Klimaanlagen ausgestattet, die besonders energieeffizient und umweltfreundlich arbeiten.

Die Fahrzeuge verfügen zudem über ein Kollisionswarnsystem, das mittels Sensoren Objekte in bis zu 80 Metern Entfernung erkennen kann. In Abhängigkeit von der Geschwindigkeit der Stadtbahn und dem daraus resultierenden Bremsweg wird das Fahrpersonal frühzeitig durch das System gewarnt.

Die Fahrzeuge sind zudem mit Sensoren ausgestattet, die eine vorausschauende Instandhaltung ermöglichen sollen. Dadurch sollen die Fahrzeuge künftig deutlich weniger in der Werkstatt gebunden sein als das heute der Fall ist.

Ein weiteres Merkmal der neuen Fahrzeugserie ist die Ausstattung mit modernen Kundeninformationssystemen, die z.B. über Bildschirme den Fahrgästen Informationen zur Verfügung stellen.

Fahrsimulator zur Schulung des Personals

Zur Schulung des Fahrpersonals wird zukünftig ein Fahrsimulator zur Verfügung stehen, der einen Nachbau des Fahrerraumes inklusive aller Funktionen darstellt.

Dem Fahrpersonal wird die reale äußere Umgebung des Fahrerraums digital nachgebildet und auf Monitoren dargestellt; mittels Virtual Reality werden Teile des Streckennetzes sowie dessen Umgebung digital dargestellt und verschiedene Ereignisse und Störfälle simuliert.

Fahrerstand des Mockup